Die Photovoltaik gilt als eine Säule der erneuerbaren Energien. Die Produktion von Strom aus Sonnenlicht soll dazu beitragen, fossile Brennstoffe überflüssig zu machen und den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern. „Die Photovoltaik wird von Seiten der Gesellschaft und der Regierungen stark unterstützt, weil während ihres Betriebs keine klimaschädlichen Emissionen freigesetzt werden“, sagen Atse Louwen von der Universität Utrecht und seine Kollegen. Allerdings: Solarzellen entstehen nicht aus dem Nichts. Für die Produktion der Photovoltaik-Panele wird Energie verbraucht und es werden auch Treibhausgase freigesetzt. Im Laufe ihrer Lebenszeit machen die Solaranlagen diese anfängliche Energie- und Treibhausgasschuld zwar locker wieder wett, aber nur mit Verzögerung.
„Angesichts des rapiden Wachstums der Photovoltaik hat dieser verzögerte Ausgleich der Vorabinvestitionen in Form von Energie und Treibhausgasen Zweifel an der Nachhaltigkeit der Photovoltaik-Industrie ausgelöst“, erklären die Forscher. Konkret ausgedrückt: Sorgt der Boom der Photovoltaik für mehr CO 2-Austoß und Energieverbrauch, als die installierten Solaranlagen ausgleichen können? Schadet der Solarboom damit möglicherweise sogar dem Klima? Es gibt sogar bereits die Überlegung, ob das Wachstum der Solarbranche deshalb beschränkt werden sollte, wie die Wissenschaftler berichten.
Wie groß der energetische und klimatische Fußabdruck der Photovoltaik tatsächlich ist und ob die installierten Anlagen die produktionsbedingten „Umweltschulden“ neuer Panele ausgleichen können, haben Louwen und seine Kollegen nun untersucht. Für ihre Studie werteten sie die Daten von 40 Lebenszyklus-Bilanzen von Photovoltaiksystemen aus der Zeit von 1976 bis 2014 aus. Aus diesen lässt sich unter anderem entnehmen, wie viel Energie und Treibhausgase zu verschiedenen Zeiten für die Produktion der Solarzellen nötig waren, aber auch, nach wieviel Jahren der betreffende Bautyp der Solarzelle diese Umweltkosten wieder ausgeglichen hat. Diese Ergebnisse verglichen sie mit Angaben zur installierten kumulativen Kapazität.
Umwelt-Fußabdruck ist geschrumpft
Die Auswertungen ergaben: Seit den Anfängen der Solarbranche in den 1970er Jahren ist der Umwelt-Fußabdruck der Photovoltaik-Panele kontinuierlich geschrumpft. So hat sich beispielsweise der Treibhausgas-Ausstoß von 143 Gramm CO 2-Äquivalenten pro Kilowattstunde im Jahr 1992 auf heute nur noch 20 Gramm CO 2 pro Kilowattstunde verringert, wie die Forscher berichten. Ähnlich deutlich sank auch der Energiebedarf. Gleichzeitig führten technische Fortschritte und eine erhöhte Effizienz der Solarzellen dazu, dass sich die Zeit bis zur „Rückzahlung“ der anfänglichen Energiekosten verkürzte. „Diese Zeiten sanken von rund fünf Jahren im Jahr 1992 bis auf weniger als ein Jahr für aktuelle polykristalline Systeme und knapp über ein Jahr für monokristalline Silizium-Solarzellen“, berichten Louwen und seine Kollegen.
Setzt man diese Werte in Beziehung zu den jährlich neu installierten Solaranlagen, sinkt auch hier die Netto-Umweltschuld: „Für jede Verdopplung der installierten Photovoltaik-Kapazität sinkt der Energiebedarf je nach Material um 12 bis 13 Prozent und der CO 2-Fußabdruck der Produktion um 17 bis 24 Prozent“, berichten Louwen und seine Kollegen. Aus ihren Berechnungen schließen sie, dass die Solarenergie trotz des Solarbooms bereits im Jahr 2011 den „Break-Even“-Punkt erreicht hat: Die Umweltkosten für die Produktion aller in den letzten 40 Jahren installierten Anlagen sind durch ihre positiven Effekte heute wieder ausgeglichen. „Zwar gab es vorübergehend eine Energiesenke und eine Netto-Emission von CO 2 durch das rasante Wachstum der Solarbranche, diese Schuld wurde aber bereits im Jahr 2011 beglichen“, konstatieren die Forscher. Dieser wahrscheinlichste Zeitpunkt könnte durch Unsicherheiten in der Datenbasis im Worst-Case-Fall maximal bis auf das Jahr 2017 oder 2018 verschoben sein. Diese Ergebnisse bestätigen, dass bei der Stromerzeugung aus Sonnenlicht die Vorteile die Umweltkosten übertreffen.