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Verändert der Klimawandel die Winderträge?

Technik|Digitales

Verändert der Klimawandel die Winderträge?
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Offshore-Windanlagen gelten als wichtiger Stromlieferant der Zukunft. (Foto: MR1805/iStock)
Mit dem Klimawandel verändern sich auch die Windverhältnisse in vielen Regionen der Erde. Welche Folgen dies für die Erträge der Windenergie haben könnte, haben jetzt US-Forscher ermittelt. Ihre Prognose: Bis Ende dieses Jahrhunderts könnten die Winderträge auf der Nordhalbkugel abnehmen. In einigen Regionen der Tropen und der Südhalbkugel könnten die Winde dagegen deutlich zunehmen. Keinen eindeutigen Trend erhielten die Wissenschaftler allerdings ausgerechnet für Europa – der Region mit dem bisher größten Anteil installierter Windenergieanlagen.

Windenergie gilt neben der Solarenergie als eine tragende Säule der Energiewende und des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen. Vor allem in Europa und Nordamerika werden immer mehr Windparks angelegt. „Weltweit hat die installierte kumulative Leistung der Windenergieanlagen seit 2006 im Mittel um 22 Prozent pro Jahr zugenommen“, berichten Kristopher Karnauskas und seine Kollegen von der University of Colorado in Boulder. Allerdings: „Die Windfarmen werden meist unter der Annahme entworfen und gebaut, dass die Menge der aus dem Wind gewinnbaren Energie auch in Zukunft annähernd konstant bleiben wird“, so die Forscher. Doch schon jetzt zeigen Messdaten, dass sich das globale Klima und damit auch die Klimazonen und großen Luftströmungen im Rahmen des anthropogenen Klimawandels zu verändern beginnen. So zeigen Studien für Europa beispielweise, dass der Wind wechselhafter wird: Phasen mit Flaute werden häufiger und länger, ebenso aber auch Stürme und stark wechselnde Windverhältnisse.

Weniger im Norden, mehr im Süden

Wie sich der Klimawandel auf die Windverhältnisse weltweit und die Erträge der Windkraft auswirken wird, haben Karnauskas und seine Kollegen nun mithilfe von zehn aktuellen Klimamodellen ermittelt. Sie simulierten damit die Veränderungen bis zum Jahr 2100 bei zwei verschiedenen Klimaszenarien: einer Erwärmung um rund 2,5 oder um 4,8 Grad Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

Das Ergebnis: Den Prognosen nach könnten die Winderträge in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts auf der Nordhalbkugel eher abnehmen, auf der Südhalbkugel dagegen zunehmen. „Besonders bemerkenswert und robust sind dabei die Abnahmen in den zentralen USA, den Britischen Inseln, dem zentralen und nördlichen Asien und dem Norden des Nahen Ostens“, berichten die Forscher. So berechneten sie für die zentralen USA eine Reduktion der Windkraft bis 2100 um 14 Prozent beim gemäßigten Klimaszenario und um 18 Prozent bei weitgehend ungebremstem Klimawandel. Auf der Südhalbkugel dagegen könnten einige Regionen von einer starken Zunahme der nutzbaren Windenergie profitieren. So prognostizieren die Forscher für den Osten Brasiliens und den Nordosten Australiens einen Anstieg von bis zu 42 beziehungsweise 41 Prozent. „Europa ist allerdings ein großes Fragezeichen“, räumt Karnauskas ein. „Wir haben keine Ahnung, was wir dort sehen werden, weil der Trend in dieser Region einfach zu unsicher ist.“

Zwei verschiedene Ursachen

Die Ursache für die global betrachtet zweigeteilte Entwicklung sind zwei verschiedene Mechanismen, die bei zunehmendem Klimawandel zum Tragen kommen, wie die Forscher berichten. Auf der Nordhalbkugel sorgt die überproportional starke Erwärmung der Arktis dafür, dass sich der Temperaturgradient zwischen Polarregionen und Tropen abschwächt. Dadurch reduzieren sich auch die Luftdruckunterschiede und damit die Triebkräfte für die Winde. „Diese Rückgänge des Windes ereignen sich in den USA, Japan und dem Horn von Afrika vor allem in Winter“, so Karnauskas und seine Kollegen. Auf der Südhalbkugel dagegen führt der Klimawandel dazu, dass sich das Land stärker erwärmt als das Meer. Durch diesen verstärkten Gradienten weht auch der Wind zwischen Land und Meer häufiger und stärker.

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Was aber bedeutet dies für die Planung von Windanlagen? Wie die Forscher selbst einräumen, sind ihre Daten für eine konkrete Planung künftiger Windparks noch viel zu grob – vor allem in komplexem Terrain. Denn wie viel Wind eine Anlage tatsächlich „ernten“ kann, ist stark vom Standort und seinen lokalen Gegebenheiten abhängig. Hinzu kommt, dass zumindest nach Ansicht einiger Klimaexperten eine so langfristige Vorhersage der Winderträge kaum verlässlich sein kann. „Ich bezweifele sehr, dass sich mit den heute verfügbaren Klimamodellen der Ertrag von Windkraftanlagen über mehr als 80 Jahre im Voraus berechnen lässt“, kommentiert Bruno Burger vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Nach Ansicht von Karnauskas und seinen Kollegen liefern ihre Ergebnisse aber zumindest einen Anhaltspunkt dafür, wo genauere, lokale Analysen der kommenden Windverhältnisse sinnvoll und nötig sein könnten.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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