Schmelzwasser fließt von den Eiskappen der Erde in die Meere und das Wasservolumen der Ozeane dehnt sich zusätzlich durch die steigenden Wassertemperaturen aus: Diese beiden Effekte der globalen Erwärmung lassen den Meeresspiegel deutlich ansteigen. In den vergangenen 25 Jahren hat dies zu einer Erhöhung von sieben Zentimetern geführt, berichten die Forscher um Steve Nerem von der University of Colorado at Boulder. Aus Klimamodellen und Messungen von Veränderungen des Meeresspiegels an Küsten ging bereits hervor, dass dieser Anstieg nicht etwa in konstanter Weise erfolgt, sondern sich verschärft.
Satelliten liefern die neuen Daten
Dabei gab es allerdings bisher Unklarheiten, denn auch bestimmte natürliche Effekte verursachen Schwankungen des globalen Meeresspiegels und verdecken somit die durch den Klimawandel verursachte Erhöhung. Beispielsweise können die Folgen von Vulkanausbrüchen den Meeresspiegel senken und auch die wiederkehrenden Phänomene El Niño und La Niña beeinflussen das Niveau. Sie führen zu einer Erwärmung beziehungsweise Abkühlung von Teilen des Pazifiks und beeinflussen dadurch das Erdklima weitreichend.
Um für mehr Klarheit zu sorgen, haben Nerem und sein Team nun Satellitendaten der letzten 25 Jahre ausgewertet, aus denen die Meeresspiegelhöhe auf den offenen Ozeanen hervorgeht. Die Ergebnisse dieser Analyse glichen sie zusätzlich mit Daten von Pegelständen ab. Außerdem führten sie Modellrechnungen durch, um die Effekte von Vulkanausbrüchen und El Niños beziehungsweise La Niñas einzuschätzen. So konnten sie die Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs im Zuge des Klimawandels herausarbeiten.
Der Anstieg nimmt bedrohlich Fahrt auf
0,08 Millimeter kommen zu den momentan etwa drei Millimetern pro Jahr hinzu, ergaben die Analysen der Forscher. Ihre Datenauswertung der GRACE-Satelliten-Gravitationsmission belegen, dass diese Beschleunigung hauptsächlich durch das Schmelzwasser von den Eischilden Grönlands und der Antarktis verursacht wird. Hochgerechnet bedeutet der Zuwachs, dass sich bis 2100 eine jährliche Erhöhung um zehn Millimeter entwickeln wird, wenn der momentane Trend bei der Erwärmung anhält. „Dieser Effekt hat das Potenzial, den gesamten Meeresspiegelanstieg bis 2100 im Vergleich zu Projektionen, die eine konstante Rate annehmen, um mehr als 60 statt um 30 Zentimeter zu erhöhen“, sagt Nerem. „Und das ist mit ziemlicher Sicherheit eine konservative Schätzung“, fügt er hinzu. Die teilweise dicht besiedelten Küstenregionen der Erde sind somit enorm gefährdet, betonen die Wissenschaftler.
Ihnen zufolge handelt es sich bei der Studie nun um den ersten Schritt zu detaillierteren Untersuchungen: Die Daten von 25 Jahren reichen gerade aus, um eine erste Einschätzung der Beschleunigung zu ermöglichen, betonen Nerem und seine Kollegen. In den kommenden Jahren sollen weitere Satellitendaten die Ergebnisse verfeinern. Außerdem wollen sich die Wissenschaftler der Frage widmen, mit welchen Effekten auf regionaler Ebene zu rechnen ist. Konkret: An welchen Küsten drohen die die schlimmsten Überflutungen?